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Frankfurter Rundschau, 23. Juni 2007, S. 13
Rosen fürs Gedächtnis
Im Schlaf verfestigt sich das Gelernte

Von Peter Spork

Es nütze gar nichts, nachts das Vokabelheft unter die Bettdecke zu legen oder eine Sprachkassette laufen zu lassen, damit man etwas lerne, verriet der Hirnforscher Jan Born von der Uni Lübeck der Frankfurter Rundschau schon 2004. Im Schlaf sei das Wachbewusstsein abgeschaltet.

Stattdessen hatte Born, der das schlafende Gehirn erforscht, einen exotischen Tipp parat: “Wer erreichen will, dass sich das Gehirn im Schlaf mit den richtigen Inhalten beschäftigt, sollte sich während des Lernens am Tag einem bestimmten zusätzlichen Reiz aussetzen, etwa Rosenduft. Versetzt man die Luft dann nachts mit dem gleichen Duft, lenkt das die Aktivität des Gehirns vielleicht in die gewünschte Richtung.”

Was Born seinerzeit nicht verriet: Er plante bereits eine Studie über den Rosenduft-Effekt. Kürzlich hat er mit Kollegen die Resultate im Forschungsmagazin “Science” publiziert (Bd. 315). 18 Versuchspersonen mussten abends so lange ein Memory-Spiel trainieren, bis sie es zu 60 Prozent beherrschten. Ihnen wehte dabei Rosenduft um die Nase, mit dem die Forscher die Hälfte der Testpersonen auch im Tiefschlaf bedufteten – mit messbarem Erfolg: Die Rosenduft-Gruppe deckte tags darauf 97 Prozent der Memory-Karten richtig auf. Wer ohne Rosenduft schlafen musste, hatte zwar auch gelernt, aber weniger: Die Erfolgsquote lag bei 86 Prozent.

Offenbar haben sich die einen Probanden dank des Rosendufts im Schlaf intensiver mit dem Memory-Spiel auseinandergesetzt als die anderen. “Unsere Resultate unterstützen die These, dass es die Konsolidierung neuer Erinnerungen verstärkt, wenn ein Geruch, der mit einem bestimmten Lernereignis verbunden ist, während des Tiefschlafs erneut auftaucht”, sagt Born.

Damit liefern die Norddeutschen einen der besten Belege dafür, dass unser Denkorgan im Schlaf tatsächlich Vokabeln trainiert, Klavierstücke auswendig lernt oder Bewegungsmuster wiederholt, wie es eine wachsende Schar Forscher vermutet.

Dass wir Gelerntes nach dem Schlaf besser abrufen können als zuvor, ist schon länger bekannt. Offenbar knüpft und verstärkt es Kontakte zwischen häufig benutzten Nervenzellen. So sortiert und gewichtet das schlafende Gehirn die Eindrücke des Tages. Uninteressantes wirft es weg, Wichtiges trainiert es virtuell. Dadurch können wir viele Dinge besser, wenn wir geschlafen haben, und so manches Problem löst sich über Nacht in Wohlgefallen auf.
© Peter Spork

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